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// Basler-Zeitung

Spitzen-Talk mit Migros und Coop

Migros-Chef Herbert Bolliger und Coop-Chef Joos Sutter fordern Regulierungsbremse

Reto Brennwald leitet den ersten gemeinsamen Talk mit den Chefs von Migros und Coop an der GfK Handelstagung.

Fast ein wenig scheu wirkten die beiden Herren, dort oben auf der Bühne der Arena in der Sihlcity Zürich. Man vergass fast, dass da die Mächtigsten des Schweizer Detailhandels aufeinandertrafen, oder, wie es Moderator Reto Brennwald formulierte, die «Oligarchen des Schweizer Detailhandels»: Herbert Bolliger, Chef der Migros, und Joos ­Sutter, Chef von Coop. 

Geladen zu diesem Talk hatte das Marktforschungsinstitut Gfk Switzerland. Noch nie zuvor haben sich die beiden grossen Konkurrenten in einem solchen Rahmen einander gestellt. Anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums der Dokumentation «Detailhandel Schweiz» organisierten die Forscher die vierte Handelstagung, die jeweils Branchenvertreter aus der ganzen Schweiz anlockt. In der Dokumentation werden Jahr für Jahr Trends und Entwicklungen der Branche beleuchtet. 

Der erste Eindruck täuschte nicht; zum von den rund 320 Teilnehmern erhofften Schlagabtausch zwischen den Top Shots kam es leider nicht. Brennwald musste nicht den Dompteur mimen, sondern die Kandidaten gar ein bisschen aus der Reserve locken – was aber nicht wirklich gelang. «Es ist eine Art sportliche Konkurrenz – hart, aber fair», antwortete Bolliger zahm auf die Frage, wie die beiden Herren denn zueinander stünden. «Wir pflegen einen korrekten Austausch, kehren uns nicht den Rücken», ergänzte Sutter, der seit 2011 an der Spitze von Coop steht. Trotzdem geht keiner beim andern einkaufen. Bolliger, seit zehn Jahren Migros-Chef, vermochte sich gar nicht zu erinnern, wann er das letzte Mal eine Coop-Filiale besucht hatte. Sutter indes gab zu, dass er im letzten Monat zwei bis drei Migros-Filialen begutachtet habe: «Etwas eingekauft habe ich natürlich nicht. Aber man muss die Konkurrenz genau im Auge behalten.» 

So sorgten Bolliger und Sutter für einige Lacher im Publikum, was aber nur kurz vergessen liess, wie ernst es um den Detailhandel in der Schweiz steht: In den ersten fünf Monaten des Jahres musste die Branche einen Umsatzrückgang von 2,3 Prozent verkraften – insbesondere in den Grenz- regionen wie Basel oder im Tessin leiden die Händler unter dem durch den schwachen Euro verstärkten Einkaufstourismus. «Der Januar begann noch sehr gut», stellte Bolliger mit bitterem Unterton fest, «aber die Aufhebung des Mindestkurses durch die Nationalbank machte uns einen Strich durch die Rechnung. Jetzt bewegen wir uns in einem schwierigen Umfeld.» Wenn er aber die Entwicklung der Marktanteile betrachte, so Bolliger, sei er bis anhin mit dem Geschäftsverlauf der Migros im 2015 zufrieden. «Allerdings kommt da noch etwas auf uns zu, das sagt mir mein Gefühl.» Sutter pflichtete ihm mit der Bemerkung bei, dass «das zweite Halbjahr 2015 mindestens so herausfordernd» werde wie das erste. 

Ein einziger Lobbyist in Bern

Entsprechend erwarten die Gfk-Forscher einen Rückgang für das Gesamtjahr von total zwei bis drei Prozent, wobei der Lebensmittelmarkt mit einem leichten Minus von knapp einem Prozent abschneiden werde, während die Non-Food-Märkte mit einem bedeutend höheren Rückgang von drei bis vier Prozent rechnen müssten. 

Es sei jetzt die Zeit gekommen für bessere politische Rahmenbedingungen für den Detailhandel in der Schweiz, waren sich Bolliger und Sutter einig. «Es kann nicht sein, dass hier etwa Butter 280 Prozent mehr kostet als im grenznahen Ausland. Das ist Wahnsinn – und bei diesen Preisen können wir nicht eingreifen. Das haben wir der Politik zu verdanken», sagte Bolliger. «Nichts gegen die Bauern», aber deren Leistung müsste in Zukunft anders abgegolten werden, «nicht über den Produzentenpreis!» Was genau Bolliger mit «anders» meinte, bliebt unbeantwortet; leider hakte Moderator Brennwald bei dieser Aussage nicht nach.

Coop-Chef Sutter forderte derweil mit Nachdruck eine Regulierungsbremse: «Die Flut an Gesetzen ist schon fast unheimlich, ich staune immer wieder ob der Kreativität des Parlaments.» In Zukunft sollte deshalb für jede neue Regelung eine alte abgeschafft werden. Warum er diese Forderung nicht schon früher in Bern deponiert habe, wollte Brennwald darauf wissen. «Unsere Branche ist in Bern extrem schwach vertreten», antwortete Sutter – die Lobby setze sich aus einer einzigen Person zusammen, und diese sei erst noch ein Migros-Mitarbeiter – allerdings sei der Lobbyist im Auftrag der IG Detailhandel unterwegs. «Das ist kein Problem, denn in Bern verfolgen Coop und Migros gemeinsame Interessen.»

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